#MillionsMissing Deutschland | Schriftzug: Was ist PEM? Porträt von einem Kind, einer Frau, einem Mann mit Gehörschutz und Schlafmaske

Definition der Post-Exertionellen Malaise (PEM)

Das zentrale und unverwechselbare Merkmal von Myalgischer Enzephalomyelitis/Chronischem Fatigue Syndrom (ME/CFS) ist die die Post-Exertionelle Malaise (PEM). PEM ist nicht ein weiteres Symptom, sondern das Herzstück von ME/CFS.

 

Die Post-Exertionelle Malaise (PEM) beschreibt eine unverhältnismäßige, sofortige oder zeitverzögerte Verschlechterung des Gesundheitszustands nach minimaler körperlicher, kognitiver oder orthostatischer Anstrengung, emotionalem Stress oder sensorischen Reizen. Diese Verschlechterung kann bis zu 72 Stunden verzögert eintreten und mindestens 14 Stunden, aber auch Tage oder Wochen andauern.

PEM zeigt sich entweder in einer Verschlechterung bereits vorhandener und/oder im Auftreten neuer, zusätzlicher Symptome.

 

Weiterhin ist der Körper nicht mehr in der Lage, sich nach solchen Aktivitäten oder Belastungen angemessen und in normaler Zeit zu regenerierenDies kann dazu führen, dass sich der Gesundheitszustand von ME/CFS-Betroffenen durch einen oder wiederholte „Crashs“, die durch die Post-Exertionelle Malaise ausgelöst werden, unaufhaltsam und unwiderruflich verschlechtert.

 

Merke: PEM beschreibt somit eine oft zeitverzögert eintretende, potenziell langfristige sowie irreversible Verschlechterung des Gesundheitszustands. Zudem kennzeichnet PEM die Unfähigkeit des Körpers, sich innerhalb eines normalen Zeitraums zu regenerieren.


Teufelskreis ME/CFS | Beschreibung des Krankheitsverlauf und der anzuwendenden Strategie


Bedeutung der Post-Exertionellen Malaise (PEM) für die Diagnose

PEM ist ein essentielles Diagnosekriterium für ME/CFS und spielt eine entscheidende Rolle bei der Unterscheidung von ME/CFS gegenüber anderen chronischen Erkrankungen wie Multipler Sklerose sowie psychischen Erkrankungen wie Depression oder Burnout. Obwohl PEM kein praktikabler Biomarkerist, hat sich die ausgeprägte und charakteristische Besonderheit als zentrales Merkmal für die Diagnostik von ME/CFS etabliert. Eine präzise Identifikation von PEM ist ausschlaggebend, um Fehldiagnosen und ungeeignete Behandlungen zu verhindern.

 

Terminologie von Post-Exertioneller Malaise (PEM)

Die Bezeichnung Post-Exertionelle Malaise (PEM) stammt aus den Kanadischen Konsenskriterien (CCC). In den Internationalen Konsenskriterien (ICC) wird der Begriff Post-Exertional Neuroimmune Exhaustion (PENE) verwendet, der den vermuteten zugrunde liegenden Mechanismus dieses Zustands präziser beschreibt.

 

#MillionsMissing Deutschland hält Post-Exertional Neuroimmune Exhaustion (PENE) für die treffendste Bezeichnung, da sie die neuroimmunen und energetischen Dysfunktionen, die bei ME/CFS eine entscheidende Rolle spielen, genauer widerspiegelt. Im Gegensatz dazu ist „Post-Exertional Malaise“ (PEM) eher eine allgemeine Beschreibung des Zustands. Innerhalb der Internationalen Konsenskriterien (ICC) wird die Post-Exertional Symptom Exacerbation (PESE) als ein Symptom von PENE betrachtet.

 

Trotz unserer Einschätzung verwendet #MillionsMissing Deutschland den Begriff PEM, da er international etabliert ist.

 

Trigger und symptomverstärkende Faktoren der PEM

Die Reaktion auf meist minimale Aktivitäten oder sensorische Reize, die individuell als Überlastung spontan oder zeitverzögert auftritt, ist sowohl vom Schweregrad der ME/CFS-Erkrankung als auch vom aktuellen Tageszustand des Betroffenen abhängig. Die folgenden Faktoren können je nach Schweregrad der Erkrankung – mild, moderat, schwer oder schwerst – eine Verschlechterung des Zustands der Betroffenen verursachen.

 

1. Physische Faktoren
Aktivierung, Infektionen, Arbeiten, Duschen, Gehen, Sprechen

2. Orthostatische Faktoren
Stehen, Gehen, Sitzen, erhöhte Lagerung

3. Kognitive Faktoren
Schreiben, Lesen, Sprechen/Kommunizieren

4. Emotionale und mentale Faktoren
Stress, Wut, Trauer, Freude

5. Sensorische Faktoren
Licht, Geräusche, Gerüche, Berührungen

 

Merkmale der Post-Exertionellen Malaise (PEM)

Anmerkung: Im Gegensatz zur allgemeinen Belastungsintoleranz, die bei PEM nur eines der Merkmale darstellt, kann die Belastungsintoleranz bei anderen Erkrankungen durch Ruhe und gezielte Aktivierung gelindert werden. Jede Form von Aktivierung ist bei ME/CFS schädlich und verschärft die Symptome erheblich. Dies kann zu schwerwiegenden, langanhaltenden oder sogar irreversiblen Auswirkungen führen. Bei anderen Erkrankungen ist die Belastungsintoleranz in der Regel konstant vorhanden. Im Gegensatz dazu ist sie bei ME/CFS zwar ebenfalls immer vorhanden, kann jedoch durch zusätzliche Trigger oder symptomverstärkende Faktoren zeitverzögert erheblich verschärft werden.

 

Untrennbar miteinander verbundene Merkmale von PEM

 

1. Belastungsintoleranz:

Unfähigkeit, die oben beschriebenen Trigger, Ereignisse und/oder symptomverstärkenden Faktoren in einem normalen Maße zu tolerieren, ohne dass es zu einer sofortigen oder verzögerten Verschlechterung des Zustands kommt.

 

2. Symptomexazerbation:

Akute Verschlechterung bereits bestehender und/oder Auftreten neuer Symptome wie rezidivierendes Grippegefühl, akute und/oder chronische Schmerzen, massiv gestörter Schlaf, sensorische Reizempfindlichkeit, gestörte Kreislaufregulation, kognitive Beeinträchtigungen, muskuläre Fatigue u. v. m.

 

3. Zustandsverschlechterung:

Verschlechterung des Allgemeinzustands nach Nichttolerieren der genannten Auslöser und symptomverstärkenden Faktoren. Dies kann zu einer Verschiebung innerhalb des Schweregrad-Spektrums führen. Im schlimmsten Fall verschiebt sich der Schweregrad um eine Stufe (mild → moderat → schwer → sehr schwer).

 

4. Physiologische Aktivitäts-Erholungs-Dysfunktion:

Nach Nichttolerieren von Triggern, Ereignissen oder symptomverstärkenden Faktoren zeigt sich eine Dysfunktion. Der Körper reagiert nicht nur unangemessen stark und oft verzögert mit Symptomexazerbation oder allgemeiner Verschlechterung. Zudem ist die physiologische Regeneration als Antwort auf die Überlastung extrem beeinträchtigt, was sich in einer dauerhaften Beeinträchtigung der Erholungsfähigkeit zeigt.

 

Die Post-Exertionelle Malaise (PEM): Belastungsintoleranz, Symptomexazerbation, Zustandsverschlechterung, physiologische Aktivitäts-Erholungs-Dysfunktion

Folgen der Post-Exertionellen Malaise (PEM)

Wichtig: Die Post-Exertionelle Malaise (PEM) kann dazu führen, dass sich der Gesundheitszustand eines ME/CFS-Betroffenen durch wiederkehrende sogenannte "Crashs" unaufhaltsam und unwiderruflich verschlechtert.

 

Handout (PDF) Post-Exertionelle Malaise (PEM)

 

© Winston Blick

Wir möchten euch an dieser Stelle das Video zur Post-Exertionellen Malaise (PEM) von der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS und Long COVID Deutschland empfehlen. Allerdings möchten wir auf folgendes hinweisen. 

 

Bei #MillionsMissing Deutschland betrachten wir PEM ausdrücklich nicht als ein Symptom von ME/CFS, sondern als das zentrale Kennzeichen dieser schweren, chronischen Multisystemerkrankung. Der Mechanismus von PEM ist wissenschaftlich noch nicht vollständig geklärt. Auf einer hierarchischen Ebene stellt PEM kein weiteres Symptom dar, sondern beeinflusst und umschließt alle Symptome von ME/CFS. PEM kann einen sogenannten Crash auslösen, der sämtliche Symptome verschärft oder neue hervorruft. Darüber hinaus umfasst PEM die folgenden Merkmale: Belastungsintoleranz, Symptomexazerbation, Verschlechterung des Allgemeinzustands und physiologische Erholungs-Aktivitätsdysfunktion. 

 

Die physiologische Erholungs-Aktivitätsdysfunktion – das physische Unvermögen des Körpers, sich vollständig und in angemessener Zeit zu erholen – wird im Video nicht angesprochen, ist jedoch ein Merkmal der Post-Exertionellen Malaise (PEM).

 

Das Beispiel der Batterie ist zwar anschaulich und leicht verständlich, vernachlässigt jedoch den multisystemischen Charakter der Erkrankung. Die Batterie könnte den Eindruck erwecken, dass ME/CFS ausschließlich eine Störung des Energiehaushalts ist.Tatsächlich spielen jedoch auch Symptome wie Lichtempfindlichkeit und Komorbiditäten eine Rolle, die auf andere dysfunktionale Ebenen hinweisen.